Läuft Dein Townhall-Meeting gut?

Wenn man Feedback geben oder einholen möchte, ist es eine gute Idee, nicht lange zu warten. Feedback-Zyklen sollten kurz sein. Der schnellste Weg heißt “live Feedback”.

Ich verwende Live-Feedback gerne in digitalen Townhall-Meetings. Townhall-Meetings sind regelmäßige Zusammenkünfte der gesamten Belegschaft eines Unternehmens oder eines Bereichs. Die Geschäftsführer oder Bereichsleiter berichten über den Stand der Dinge. Der Name leitet sich von Veranstaltungen in amerikanischen Gemeinden ab, bei denen eine aktive Bürgerbeteiligung und ein Austausch zwischen Regierung und Bürgern gewünscht ist.

Im Gegensatz zu diesem Ideal erlebe ich Townhall-Meetings bei meinen Unternehmenskunden in der Regel sehr einseitig. Meist redet der Manager sehr viel mehr als seine Mitarbeiter. Als Verantwortlicher für Unternehmenskultur und Agile Leadership habe ich mir die Frage gestellt, wie ich Feedback in Townhall-Meetings ermöglichen kann.

Jeden Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen, würde aufgrund der großen Teilnehmerzahl zu lang dauern. Eine Benotung auf einer eindimensionalen Skala war mir zu wenig aussagekräftig. Was sollte es schon bedeuten, wenn das Townhall-Meeting im Schnitt von z.B. 80 Personen im Nachhinein mit 4 Sternen bewertet wird?

Da ich bei mehreren Kunden bereits die “Moving Motivators” eingeführt habe, habe ich damit versucht, Live-Feedback zu bekommen, um das Meeting sofort zu verbessern. Die Kernidee der Methode besteht darin, dass es verschiedene Motivationsfaktoren gibt, die zwar für alle Menschen gleich sind, aber nicht für alle den gleichen Stellenwert haben. So darf man davon ausgehen, dass “Freiheit” für jeden Menschen auch im Beruf wichtig ist, aber nicht für jeden Menschen gleich wichtig. Einige Menschen möchten mehr Gestaltungsspielraum haben, andere möchten mehr Vorgaben bekommen. Wieder andere suchen ihre persönliche Erfüllung im Job, während manche Menschen “ihr Ding” überwiegend in der Freizeit machen.

Die “Moving Motivators” machen solche Unterschiede in einem Team oder einer Abteilung sichtbar. Dazu bringt jeder Teilnehmer die vorgegebenen Motivationsfaktoren in seine persönliche Rangordnung. Das passiert entweder mit kleinen Karten, die man von links nach rechts in absteigender Wichtigkeit auf den Tisch legt, oder auch mit einem digitalen Whiteboard.

Für die digitalen Townhall-Meetings habe ich das wie folgt verwendet: Vor einem Meeting habe ich alle Teilnehmer gebeten, die von ihnen bereits früher verwendeten Motivationskarten auf einem (digitalen) Whiteboard zu überprüfen. Stimmt die Reihenfolge noch mit ihren aktuellen Ansichten überein? Muss etwas umsortiert werden?

Dann habe ich sie aufgefordert, während des Townhall-Meetings die Karten wie folgt zu bewegen: Ist das, was sie gerade im Meeting hören, für einen oder mehrere Motivationsfaktoren motivierend? Dann sollen sie die entsprechenden Karten über die Grundlinie schieben. Ist es demotivierend, dann sollen sie eine Karte nach unten schieben. Nach ein oder zwei Minuten dürfen und sollen sie die Karten zurückschieben, um bereit zu sein, die Karten beim nächsten Thema von Neuem zu bewegen.

Ein Beispiel: Wenn der Manager gerade dabei ist, neue Regeln für Bestellungen von Büromaterial zu verkünden, kann das die Karte “Freedom” nach unten, aber auch die Karte “Order” nach oben schieben.

Wem es nun wichtig ist, Büromaterial selbst in einem beliebigen Shop zu kaufen (Freedom), mag die neuen Regeln demotivierend empfinden. Wer aber bislang immer genervt war, eigenes Geld auszulegen, später einen Kassenzettel einzureichen und einen Monat auf Rückerstattung zu warten, freut sich vielleicht über den neuen, zentralen Einkaufsprozess (Order).

In den Townhall-Meetings, in denen ich dieses Vorgehen ausprobiert habe, hat es mir als Moderator sehr geholfen: Ich habe das Whiteboard im Blick und kann live sehen, welche Auswirkungen die Ausführungen des Managers auf die Teilnehmer haben. Bei starken Ausschlägen in eine Richtung oder auch bei kontroverser Wahrnehmung durch die Belegschaft greife ich ein. Wie ich eingreife, hängt sehr stark vom Einzelfall ab. Hier ein Beispiel:

In einem Fall hatte ein Manager eine bevorstehende Veränderung der Teamzusammensetzungen angekündigt. Alle Karten, die sich bewegt haben, gingen nach unten. Es handelte sich um die Karten Freedom, Power und Relatedness. Offensichtlich hatten die anwesenden Personen die Ankündigung als Eingriff in ihre Freiheit und die Einschränkung von Entscheidungsspielraum (Power) verstanden. Die Karte “Relatedness” deutete für mich darauf hin, dass die Teammitglieder ihre gewachsenen Beziehungen zu den Kollegen nicht verlieren wollten.

Ich habe interveniert und den Manager gebeten, die Gründe für die Entscheidung darzulegen, die er meiner Vermutung nach nicht oder zu kurz genannt hat. Die Antwort hat nur einige Karten wieder auf die Grundlinie gebracht; die meisten blieben unten. Ich habe die Teilnehmer des Meetings angesprochen und gefragt, was die Veränderung der Teamzusammensetzung für ihre Beziehungen zu den Kollegen bedeuten wird; damit spielte ich auf die Karte “Relatedness” an. Die größte Angst bestand darin, dass sie in die Veränderung nicht einbezogen werden sollten und sie nicht dafür sorgen könnten, mit den Menschen zu arbeiten, die sie mögen. Das folgende Gespräch führte zu dem Ergebnis, dass das Management die neue Teamzusammensetzung nicht vorgab, sondern dass alle Personen daran mitwirken konnten. Für das Ergebnis war es entscheidend, dass ich als Moderator das Live-Feedback sehen und sofort reagieren konnte.

Schließlich habe ich noch gefragt, weshalb sich niemand von allein zu Wort gemeldet hatte. Die Antwort lautete unisono: Der Manager hatte die Entscheidung so kommuniziert, dass sie bereits gefallen sei und eine Beteiligung nicht mehr möglich war. Außerdem “macht er das immer so”. Aus dieser Äußerung und der damit verbundenen Erkenntnis des Managers folgten sehr produktive Gespräche darüber, in welche Entscheidungen die Mitarbeiter eingebunden werden möchten. 

Fazit

Die Verwendung von Live-Feedback mit Moving Motivators auf einem digitalen Whiteboard gibt Teilnehmern einer größeren Veranstaltung die Möglichkeit, ihre Stimmung non verbal zu äußern. Als Moderator des Meetings bekomme ich in wenigen Sekunden ein relativ detailliertes Feedback von vielen Personen, und ich kann das Gespräch damit lenken.


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